Wer rastet, der rostet. Das gilt auch für Pflegekräfte. Daher ist es wichtig, dass diese Arbeitskräfte ebenso regelmäßig an Fort- und Weiterbildungen teilnehmen wie Angestellte in anderen Bereichen. Denn nur so kann beispielsweise der berufliche Aufstieg im Bereich Pflege gelingen. Und nur so können Fachkräfte das notwendige Fachwissen erlangen, das sie brauchen, um ihren Job vor Ort gut zu machen.
Mit der neuen Situation kommen viele Fragen auf: Wer trägt die Pflegekosten des Pflegebedürftigen? Wo wird diese finanzielle Hilfe beantragt? Welche Unterstützung benötigt der Mensch im Alltag ganz konkret? Und wie erfolgt die Einstufung des pflegebedürftigen Menschen in den jeweiligen Pflegegrad? So viele Fragen, wir geben Antwort.
Was ist ein Pflegefall?
Laut § 14 des 11. Sozialgesetzbuchs (§14 SGB XI) wird eine Person zum Pflegefall, wenn sie durch körperliche oder geistige Gesundheitsprobleme in ihren Fähigkeiten derart eingeschränkt ist, dass sie voraussichtlich für mindestens sechs Monate nicht mehr selbstständig für sich sorgen kann. Dann besteht bei diesem Menschen eine Pflegebedürftigkeit. Das bedeutet, die Person ist im Alltag teilweise oder vollständig auf Hilfe durch pflegende Angehörige oder eine professionelle Pflegekraft angewiesen.
Pflegefall in der Familie: Wie es jetzt weitergeht
In der neuen Situation ist es gar nicht so leicht, den Überblick darüber zu behalten, was als Nächstes getan werden muss. Hier eine kurze Zusammenfassung über die nächsten Schritte, die bei einem (plötzlichen) Pflegefall in der Familie zu unternehmen sind:
- Austausch mit dem engsten Umfeld zur privaten Organisation der Pflege
- Pflegeberatung zur Hilfe in Anspruch nehmen
- Antragstellung bei der zuständigen Pflegekasse (Krankenkasse) des Pflegebedürftigen
- Persönliche Begutachtung des Betroffenen durch den Medizinischen Dienst zur Einordnung in den richtigen Pflegegrad. Wer privat versichert ist, wird durch den Medicproof eingeordnet.
Austausch mit Angehörigen und engen Vertrauten
Ist in der Familie ein geliebter Mensch zum Pflegefall geworden, müssen nahe Angehörige oft das Zepter in die Hand nehmen. Dann entscheiden sie (mit), wie es mit dem pflegebedürftigen Menschen weitergeht. Kinder, Geschwister sowie Freunde des geliebten Menschen können sich zunächst in einem Gespräch darüber austauschen, wer welche Aufgaben zur Entlastung des Pflegebedürftigen übernehmen kann.
Hier ist zunächst zu klären, bei welchen Tätigkeiten die betroffene Person Unterstützung braucht und welcher pflegende Angehörige diese ganz konkret leisten kann. Wichtig ist hier, dass sich alle Beteiligten ein möglichst realistisches Bild davon machen, was sie im Rahmen der Pflege leisten können und was ihre Kapazitäten übersteigen würde. Ist dies in bestimmten Dingen der Fall, sollte man gleich zu Beginn Hilfe, zum Beispiel durch einen ambulanten Pflegedienst, fest einplanen. Liegt eine stark eingeschränkte Alltagskompetenz des Betroffenen vor, ist eine Unterbringung im Pflegeheim oft die beste Variante.
Neben der Organisation der Pflege des geliebten Menschen sollte sich im Kreis der engsten Vertrauten auch darüber ausgetauscht werden, wie man regelmäßig für soziale Begegnungen sorgen kann. Denn zu einer guten Pflege gehört neben der reinen Grundversorgung auch, die anderen menschlichen Bedürfnisse so weit wie möglich zu erfüllen. Es tut uns Menschen einfach gut, in vertraute Gesichter zu blicken und uns mit unseren Lieben zu unterhalten.
Pflegeberatung in Anspruch nehmen
Gerade bei einem plötzlich eingetretenen Pflegefall, kann man mit den nächsten Schritten erst einmal überfordert sein. Hier ist es hilfreich zu wissen, dass man nicht allein dasteht.
Die Pflegekassen und auch die Wohlfahrtsverbände wie die Caritas bieten Betroffenen und deren Angehörigen eine kostenlose Pflegeberatung an. Hier bekommen sie praktische Handlungsmöglichkeiten für die Pflege in ihrem konkreten Fall aufgezeigt. Zudem sind die professionellen Berater bei der Einstufung in den richtigen Pflegegrad behilflich. Die Berater haben in der Regel Erfahrung im Bereich der Pflege oder in entsprechenden Beratungsstellen. Auf diese Leistung haben Betroffene und auch die Angehörigen des Pflegebedürftigen einen Rechtsanspruch (sofern dieser zustimmt).
Pflegefall: die Antragstellung auf Übernahme der Pflegekosten
Der Antrag auf Pflegebedürftigkeit wird bei der zuständigen Pflegekasse gestellt. Diese ist als Träger der gesetzlichen Pflegeversicherung der jeweiligen Krankenkasse angegliedert, in der der Pflegebedürftige Mitglied ist. Damit kann man die Pflegebedürftigkeit über die Krankenversicherung des Pflegebedürftigen beantragen. Der Antrag wird vom Pflegebedürftigen selbst oder einem Angehörigen online oder per Post verschickt. Privatversicherte treten ihrer privaten Pflegeversicherung in Kontakt, um Pflegegeld zu beantragen.
Begutachtung des Pflegebedürftigen durch den Medizinischen Dienst
Nach der Antragstellung informiert die Pflegeversicherung den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MD). Zu einem vereinbarten Termin kommt dann ein Gutachter oder eine Gutachterin zum Antragsteller oder zur Antragstellerin und macht sich ein eigenes Bild vom Ausmaß der Pflegebedürftigkeit des Betroffenen. Diese Gutachter sind speziell ausgebildete Pflegekräfte oder Ärzte. Die MDK-Begutachtung ist notwendig, um Pflegegeld von der Pflegekasse zu erhalten.
Einstufung in den angemessenen Pflegegrad
Anhand vorgegebener Regelungen nimmt der Gutachter oder die Gutachterin vom Medizinischen Dienst die Einstufung in den angemessenen Pflegegrad vor. Dazu wird geschaut, welche Fähigkeiten bei der pflegebedürftigen Person noch gut ausgeprägt sind und bei welchen Dingen konkret Unterstützung benötigt wird. Die Begutachtung hat die Klärung folgender Fragen zum Ziel:
- Wie selbstständig kann sich der pflegebedürftige Mensch bewegen oder fortbewegen?
- Wie sind die kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten einzuordnen? Kann sich die Person zeitlich und räumlich orientieren? Ist eine Unterhaltung möglich? Kann die Person ihre Bedürfnisse artikulieren?
- Bestehen Auffälligkeiten im Verhalten und wenn ja, wie oft? Gibt es aggressive oder ängstliche Verhaltensweisen?
- Wie selbstständig kann der pflegebedürftige Mensch seinen eigenen Alltag meistern? (z. B. Körperpflege, Hausarbeiten)
- Welche Unterstützung braucht der Mensch bei bestehenden Erkrankungen im Hinblick auf die Behandlung?
- Wie sieht es mit der Fähigkeit aus, den Alltag zu strukturieren und auch soziale Kontakte mit einzuplanen?
Im Anschluss an den Besuch des Medizinischen Dienstes fällt die Pflegekasse die finale Entscheidung zum Pflegegrad und versendet den Bescheid.
Früher wurden die fünf Pflegegrade “Pflegestufen” genannt. Heute gibt es fünf Pflegegrade, die einem Pflegebedürftigen vom Medizinischen Dienst entsprechend der erreichten Punktzahl zugeteilt werden können. Je nachdem, wie ausgeprägt die geistigen oder körperlichen Einschränkungen sind, handelt es sich um folgende Pflegegrade:
- Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (12,5 – unter 27 Punkte)
- Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (27 – unter 47,5)
- Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (47,5 – unter 70)
- Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (70 – 89)
- Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung (90 – 100)
Welche finanzielle Hilfe gibt es im Pflegefall?
Die Höhe des Pflegegelds ist abhängig vom jeweiligen Pflegegrad. Der monatliche Zuschuss zu den Pflegekosten kann von 125 Euro (Pflegegrad 1) für pflegende Angehörige über 1363 Euro für einen ambulanten Pflegedienst (Pflegegrad 3) bis hin zu 2005 Euro (Pflegegrad 5) für eine Unterbringung im Pflegeheim reichen. Ab dem 1. Januar 2024 soll es weitere Entlastung geben. So soll das Pflegegeld für Pflegebedürftige zu Hause um fünf Prozent ansteigen. Für Pflegebedürftige in Heimen sollen die Zuschläge ebenfalls angehoben werden. Der Leistungszuschlag für pflegebedingte Kosten steigt im ersten Jahr der vollstationären Pflege von 5 auf 15 Prozent, im zweiten Jahr von 25 auf 30 Prozent, im dritten Jahr von 45 Prozent auf 50 Prozent und ab dem vierten Jahr in vollstationärer Pflege von 70 auf 75 Prozent.
Hinzu kommen bei der häuslichen Pflege in vielen Fällen bestimmte Zusatzleistungen wie Zuschüsse für Tages- und Nachtpflege oder für benötigte Hilfsmittel. Auch die Kosten für medizinische Behandlungen werden weiterhin von der Krankenkasse übernommen. Was über den Zuschuss der Pflegekasse und der Krankenkasse hinausgeht, ist als Eigenanteil zu entrichten. Dieser kann beispielsweise über die Rente des Pflegebedürftigen oder dessen Ersparnisse beglichen werden. Zudem können Einnahmen aus dem Verkauf eines Eigenheims oder sonstige Einkünfte des Pflegebedürftigen dazu herangezogen werden.
Reichen die Rücklagen des Pflegebedürftigen nicht aus, um den Eigenanteil für eine professionelle Betreuung und Pflege im Pflegeheim zu begleichen, kann man sich an das Sozialamt wenden. Mit dem Programm „Hilfe zur Pflege“ bekommen die Pflegebedürftigen dann finanzielle Unterstützung. Ein Angehöriger, etwa das Kind des Bedürftigen, muss nur dann für die pflegebedürftige Person aufkommen, wenn sein Bruttoeinkommen 100.000 Euro jährlich überschreitet (Angehörigen-Entlastungsgesetz).
Eine private Pflegezusatzversicherung, die man in jüngeren Jahren abschließt, kann verhindern, dass man im Alter, bei Krankheit oder einem Unfall allein den inzwischen hohen Eigenanteil zur Pflege schultern muss.
Pflegefall: Mögliche Wohnformen
Pflegefall – wo wohnen? Diese Frage stellt sich für viele Betroffene und Angehörige. Ist die Alltagskompetenz des Pflegebedürftigen noch nicht so stark eingeschränkt wie bei Pflegegrad 1 oder Pflegegrad 2 beispielsweise, können Betroffene noch gut in ihrem Haus oder der Wohnung weiterleben. Sie benötigen dann lediglich einen ambulanten Pflegedienst zur Unterstützung zu Hause oder eben pflegende Angehörige. Das sind meistens die Kinder oder das Kind des Betroffenen. Denkbare Wohnformen im Pflegefall sind die folgenden:
- Das eigene Haus oder die eigene Wohnung (bei leichter Beeinträchtigung)
- Eine ambulant betreute Senioren-Wohngemeinschaft mit eigenem Zimmer
- Betreutes Wohnen in einer Wohnung in dafür vorgesehener Anlage mit festen Hilfsangeboten (wenn die Beeinträchtigung nicht so gravierend ist)
- Pflegeheim (bei starker Beeinträchtigung)
Präsentiert in Partnerschaft mit der vigo Krankenversicherung.
vigo Krankenversicherung
Pflegetagegeld