Der Wissenschaftler
„Vater der Mikrotherapie“
Mit medizinischen Innovationen und internationalen Publikationen verschaffte sich Dietrich Grönemeyer, der „Vater der Mikrotherapie“, weltweit einen Ruf. Der Begriff „Mikrotherapie“ steht für eine behutsame Behandlungs- und Operationsmethodik in Computer- und Kernspin-Tomographen, meist mit Instrumenten, die kaum dicker als ein Haar (0,1 bis 3 Millimeter) sind. Angewandt wird dieses Verfahren beispielsweise bei Biopsien und Behandlung in allen operativen und schmerztherapeutischen Fachgebieten, zur Behandlung von Rücken-und Gelenksschmerzen sowie Bandscheibenvorfällen oder Wirbelfrakturen sowie Tumoren. Der von ihm geprägte Begriff „Mikrotherapie“ wurde 2002 in das klinische Wörterbuch Pschyrembel aufgenommen.
Die Akupunktur brachte Grönemeyer auf den Gedanken, eine Behandlungsmethode zu entwickeln, die es erlaubt, in das Innere des Körpers zu gelangen, ohne ihn chirurgisch zu öffnen.
Frühe Begeisterung für moderne Technik
Schon früh begeisterten Dietrich Grönemeyer die Möglichkeiten der modernen Technik und die daraus entstehenden Chancen, Patienten und Patientinnen eine schonendere Behandlung zu ermöglichen. So verfolgte er schnell den Gedanken, dass sich die hochauflösenden Schnittbildgeräte wie die Computer- oder Kernspintomographie der Radiologen nicht nur für die Diagnostik, sondern auch für operative Eingriffe eignen müssten. Zahlreiche technische Entwicklungen wie die Weiterentwicklung der Tomographen zur Therapie, neuartige Instrumente, tragbare Endoskopiesysteme und andere elektronische Geräte, medizinische Software und Apps sowie Robotik und Navigation folgten.
Mit kleinen Instrumenten gegen den Schmerz: Die Mikrotherapie folgt dem Gedanken „micro is more“.
Großer Schritt zur schonenden Behandlung
Sie dazu einzusetzen gelang dann 1983/84, als Dietrich Grönemeyer den ersten Eingriff – die Entnahme einer Gewebeprobe bei einer Tumorpatientin – im Computertomographen durchführte. „Mit der Einführung der Mikrotherapie war es mir schon seinerzeit gelungen, etwas zu verwirklichen, das meinem Traum von schonender Behandlung entsprach“, erinnert sich Dietrich Grönemeyer, „wir waren einen großen Schritt vorangekommen, hin zu einer ganzheitlich orientierten Medizin.“
Aus einer Zeit, als die Computer noch ein bisschen klobiger aussahen: Grönemeyer kann auf eine lange wissenschaftliche Karriere zurückblicken.
Große Resonanz, Kampf gegen Widerstände
Das stieß auf große Resonanz, wenngleich gerade in Deutschland die Kollegenschaft auf die Neuerung mit großer Zurückhaltung und teilweise Ablehnung reagierte, und Dietrich Grönemeyer gegen Widerstände anzukämpfen hatte. Aber das Interesse der Medizinwelt war trotzdem geweckt, und mit der Zeit entwickelte Grönemeyer mit unterschiedlichen Teams die Mikrotherapie weiter. Auch wissenschaftlich konnte er auf der ganzen Welt Ärzte und Forscher durch Vorträge und bei universitären Forschungsaufenthalten – in San Francisco und bei Gastprofessuren in Harvard oder an der Georgetown-Universität in Washington – dafür begeistern und sie inspirieren, diese Methode weiterzuentwickeln. Zahlreiche Einladungen von Universitäten und medizinischen sowie technischen Institutionen weltweit folgten.
Um zur Quelle der Wahrheit zu gelangen, muss man nicht selten gegen den Strom schwimmen. Ich rate allen Forschenden, sich nicht von einer Welle der Kritik davontragen zu lassen.«
Pionier der Telemedizin
Im Zentrum seines Interesses stand zudem immer der Gedanke der Vernetzung. Dies sowohl zwischen medizinischen Fachbereichen als auch aus technischer Sicht. Grönemeyer unternahm früh erste Gehversuche in der Telemedizin und veranstaltete bereits 1995 die erste transatlantische Telemedizin-Konferenz aus dem Röntgenmuseum in Remscheid ins National Cancer Institute in Washington. Zudem organisierte er ab 1997 mit seinem Lehrstuhlteam drei international bedeutsame wissenschaftliche High-Care-Kongresse zur Zukunft der Medizin: zwei in Bochum (1997 und 2000) sowie einen in Leipzig (1997) zur Telemedizin. Frühe erste praktische Beispiele zur Digitalisierung und Telemedizin über das Telefonnetz zwischen seinem Institut in Bochum und einzelnen Praxen und Krankenhäuser wurden bereits in den 1990er Jahren realisiert.
Schon früh hat sich Dietrich Grönemeyer zum Ziel gesetzt, Medizin verträglicher für die Menschen zu gestalten.
Promotion in Kiel, Lehrstuhl in Witten/Herdecke
Prof. em. Dr. med. Dietrich Grönemeyer promovierte 1981 an der Universität Kiel, 1990 habilitierte er sich an der Universität Witten/Herdecke. 1996 wurde er auf den Lehrstuhl für Radiologie und des weltweit einzigen Lehrstuhls für Mikrotherapie an der Universität Witten/Herdecke berufen, den er bis zu seiner selbst gewählten Emeritierung 2012 leitete. 2013 wurde er zum Professor für Gesundheitswirtschaft an die Steinbeis-Universität Berlin berufen.
Hightech gehört zur Medizin, ist aber nicht ihr einziger Bestandteil: Das Gespräch und die Aufklärung der Patienten sind ebenso wichtig für den Behandlungserfolg.
Wissenschaftliche Publikationen
Dietrich Grönemeyer ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen, Vorträge und Bücher, die zum Großteil die radiologische, schmerztherapeutische und kardiologische Diagnostik, Prävention, minimal-invasive Therapie und die Mikrotherapie sowie Navigation und digitale Medizin zum Thema haben. Arbeiten zur Zukunft des Gesundheitssystems und zur Gesundheitswirtschaft sowie Ethik gehören ebenso zu seinen wissenschaftlichen Themenfeldern.
Für seinen wissenschaftlichen Beitrag im Kampf gegen Krebs bekam Dietrich Grönemeyer 2003 den World Future Award – überreicht von Michail Gorbatschow.